Der vorliegende vierte Teil der Beitragsserie zur Digitalstrategie beschreibt die gemeinsame Erstellung der digitalen Roadmap durch das Management der kundennahen Bereiche im Maschinenbau. Zuvor muss die Ist-Analyse und die allgemeinen Vorbereitungen, wie im dritten Teil dieser Betragsserie beschrieben, abgeschlossen sein. Danach kann jeder Bereich mit der Planung seiner größeren IT-Projekte beginnen, indem er Aufwand und Nutzen abschätzt und Abhängigkeiten, Chancen und Risiken definiert. Mit diesen hoffentlich belastbaren Zahlen und Informationen geht es dann an die gemeinsame Erstellung der digitalen Roadmap.
Kleinprojekte (kleiner als 10 bis 20 IT-Mann-Tage) an einem bestehenden System oder die frühe Voruntersuchung eines bisher nicht geplanten Projektes müssen aus der größeren gemeinsamen Projekt-Roadmap herausgenommen werden. Das Gesamtvolumen dieser Kleinprojekte sollte jedoch eine gemeinsam festgelegte Obergrenze nicht überschreiten.
Gerne berate und unterstütze ich Sie bei der Erstellung und Pflege Ihrer Digitalen Roadmap. Ich helfe ihren Fachbereichen bei der Spezifikation, der Ermittlung von Nutzen und Aufwand für die Projekte und vermittele bei der Priorisierung Ihrer Projektvorhaben. Eine aktuelle und moderne Digitalstrategie für die kundennahen Bereiche im Maschinenbau muss auch den Einsatz von KI-Lösungen wie zum Beispiel maschinelles übersetzen und dolmetschen, Verbesserung von Textqualität etc. abdecken. Ebenso muss die Strategie auch zur Vertriebs– und Servicestrategie passen. Informieren Sie sich umfassend in meinem Angebot Digitalisierung Ihrer Kundenprozesse im Maschinenbau.
Dieser Beitrag richtet sich wie der vorhergehende an Projektleiter und Spezialisten, die an der digitalen Roadmap bzw. Digitalstrategie mitarbeiten. Er soll ihnen eine Hilfestellung geben, welche Informationen für die Vorbereitung zusammengetragen werden müssen.
Spezifikation, Aufwand und Nutzen für neue Prozesse der digitalen Roadmap
Bei der Planung neuer IT-Systeme und der damit verbundenen Prozesse sollte für jedes Projekt eine kurze Spezifikation und Nutzenbeschreibung erstellt werden. Dies gilt besonders für Kundenprozesse: die Meinung und Einstellung der Kunden und seiner Mitarbeiter sollte unbedingt vorher dazu eingeholt werden. Eine gute Systematik bieten sogenannte Canvas-Folien, die sich auch gut als Schaubilder für Flipcharts und Pinnwände in physischen Workshops eignen. Sie können im A3-Format ausgedruckt und manuell ergänzt werden. Canvas-Unterlagen können (teilweise kostenlos) aus dem Internet heruntergeladen und verwendet werden.
Es ist wichtig zu klären, wer den primären und wer ggf. einen sekundären Nutzen von einem IT-System oder einem geänderten Prozess hat (Kunde, Vertrieb, Service). Wenn der Kunde den primären Nutzen hat, muss es auch einen sekundären Nutzen auf Unternehmensseite geben. Der Nutzen jeweils für den Kunden und das Unternehmen wird zunächst nur grob klassifiziert:
- Durchbruch – signifikante Verbesserung für den Kunden oder das Unternehmen mit großem wirtschaftlichem Potenzial. Keine besonderen Risiken bei der Monetarisierung des Nutzens.
- Gute Funktionsverbesserung – wirtschaftliches Potenzial ist berechenbar, aber nicht so hoch wie bei „1-Durchbruch“, aber es bestehen Risiken bei der Monetarisierung.
- Funktionale Verbesserung, die von Kunden und Mitarbeitern anerkannt wird, aber schwer zu berechnen oder zu monetarisieren ist. Wirtschaftlicher Nutzen geringer als bei 2.
- Fehlerbehebung, die selten erkannt wird oder eine Ergänzung, die den bereits erwarteten Nutzen voll verfügbar macht.
Kosten müssen für zukünftige Prozessketten und nicht nur für die Bereitstellung von Systemen abgeschätzt werden. Eine IoT-Plattform voller wertvoller Maschinendaten der Kunden nützt nichts, wenn es keine geschulten Business-Analysten gibt, die den Datenschatz heben und in Serviceprodukte oder Leads im Rahmen von Vertriebskampagnen umsetzen. Gegebenenfalls gehören auch Beratungstools für Vertriebsspezialisten dazu.
Bei Ersatzinvestitionen für größere Systeme darf die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht vernachlässigt werden, sondern es muss abgeschätzt werden, welchen Nutzen ein neues System gegenüber keinem System über einen Zeitraum von ca. 10 bis 15 Jahren hat.
Im weiteren Verlauf der strategischen Planung können dann Projekte der Nutzenklasse 1 und 2 einer Wirtschaftlichkeitsberechnung unterzogen werden.
Analyse von Voraussetzungen sowie Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken
Voraussetzungen und Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Großprojekten müssen bekannt sein. Dazu gehören auch Verfügbarkeiten und Umstellungen von eingesetzten oder zukünftigen Plattformen der Systemlieferanten, z.B. die Umstellung von R/3 auf die Plattform S/4 Hana bei SAP. Firmenintern können Abhängigkeiten zu Projekten und Systemen von Bereichen bestehen, die notwendige Daten liefern, z.B. die Technische Dokumentation oder die Produktentwicklung.
Die Vertriebs-, Produkt-, Service- und IT-Strategie definieren ebenfalls Abhängigkeiten, Anforderungen und Potentiale. Umsatzsteigerungen und die Erschließung neuer Märkte können durch neue Produkte, neue Dienstleistungen oder auch durch Vertrieb und Service in neuen Ländern erreicht werden. Häufig müssen dafür auch Prozesse und IT-Systeme angepasst oder erweitert werden.
Die IT-Strategie bündelt alle IT-Vorhaben eines Unternehmens. Dazu gehören auch Projekte und Vorhaben, die nicht in der digitalen Vertriebs- und Servicestrategie auftauchen, z.B. Projekte der Entwicklung, des Einkaufs und der Produktion. Auch hier ist zu prüfen, ob die IT-Kapazitäten und finanziellen Ressourcen ausreichen, um mehrere große Projekte gleichzeitig zu stemmen. Ist dies nicht der Fall, müssen die Chancen für Vertriebs- und Serviceprojekte erkennbar sein.
Für die strategische Planung der Großprojekte müssen grobe Nutzen- bzw. Wirtschaftlichkeits- und Risikoanalysen durchgeführt werden. Wird dies erst zu Beginn der Vorstudie bzw. des Projektes in Angriff genommen, besteht die Gefahr, dass das Projekt kurzfristig abgebrochen wird und die Ressourcenplanung hinfällig wird.
Risiken, Stärken, Schwächen und Chancen lassen sich sehr gut in den dafür üblichen Quadranten darstellen (vgl. Definition in Wikipedia für SWOT-Analyse). Die Ist-Analyse sollte hierzu wichtige Informationen liefern. Bei den Risiken ist auch zu berücksichtigen, welche potenziellen Aktivitäten die Wettbewerber verfolgen. Außerdem müssen mögliche Umsetzungsprobleme richtig beschrieben werden.
Gemeinsame digitale Roadmap für neue IT-Vorhaben erstellen
Neue größere IT-Projekte müssen frühzeitig geplant und ggf. auf mehrere Jahre ausgelegt werden. Dies gilt insbesondere für neue CRM-, Logistik- oder Serviceabwicklungssysteme. Auch eine neue IoT-Plattform für Maschinendaten muss mehrjährig geplant werden, da es nicht nur um Datenbanken zur Auswertung geht, sondern auch um die Bereitstellung der gewünschten Daten durch die Softwareentwicklung für die Maschinensteuerung.
Die firmeninterne Softwareentwicklung für die Maschinensteuerung wird aber nicht ein Jahr komplett abtauchen und nur die Bereitstellung der Maschinendaten entwickeln. Neuentwicklungen und Anpassungen anderer Entwicklungsbereiche müssen gleichzeitig unterstützt werden. Für viele Maschinenhersteller ist die Bereitstellung von Maschinendaten daher ein mehrjähriges Projekt. Eine Projektplanung der Umsetzungsschritte ist sinnvoll, um für alle klar abzugrenzen, welche Funktionen bzw. Daten in welcher Phase bereitgestellt werden. Dies zeigt, dass entsprechend große Vorhaben mindestens 12 Monate vor dem möglichen Projektstart in einer Vorstudie geplant werden sollten, ggf. einschließlich der Auswahl eines möglichen Anbieters und Systems.
Liegen die Informationen wie grober Nutzen, Abhängigkeiten und SWOT-Analysen für alle größeren Projekte auf dem Tisch, erfolgt gemeinsam ihre Priorisierung und die finale Reihenfolgeplanung. Es wird empfohlen, die Bedenken anderer Bereiche und Kollegen bei den Risiken entsprechend zu berücksichtigen. Solange die Wirtschaftlichkeitsparameter für die Projekte nicht sorgfältig berechnet und bekannt sind, kann bei Bedarf auch ein paarweiser Vergleich strittiger Projekte durch die Teilnehmer der Priorisierungsrunde durchgeführt werden, um Prioritäten zu definieren. Gemäß der vereinbarten Priorität und Reihenfolge der Projekte werden dann die Voruntersuchungen und zugehörigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen der betroffenen Prozesse und Projekte durchgeführt, sofern diese noch nicht erfolgt sind.
Rollierende Aktualisierung, Planung und Kommunikation
Zu guter Letzt sollte nochmal, wie bereits in Teil 2 dieser Blogreihe beschrieben, auf die Aktualisierung der Digitalstrategie hingewiesen werden. Dies bedeutet, dass viertel- oder halbjährlich der Stand und jährlich die Planung ergänzt wird.
Der Aufwand bei der jährlich ergänzenden Planung ist deutlich geringer, wie Abbildung 2 zeigt. Dies bedeutet, das bei der Ist-Analyse geprüft wird, ob sich die Situation oder Prozesse verändert haben. Oder haben sich Rahmenbedingungen geändert? Schließlich muss geprüft werden, ob neue Projektvorhaben zu berücksichtigen sind und die bisherige Bewertung von Projekten angepasst werden muss. Sind alle Teilnehmer in der Analyse und Bewertung geübt, kann dies deutlich schneller als beim ersten Mal erfolgen.
Ebenso empfiehlt es sich, eine regelmäßige Kommunikation dazu durchzuführen, damit alle Beteiligten auch die Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung der Digitalstrategie erkennen.
Fazit zur Erstellung und Pflege der digitalen Roadmap
Der vierte Teil der Beitragsserie zur Digitalstrategie beschreibt die Aktivitäten bei der Planung neuer Projektvorhaben im Rahmen der Erstellung bzw. die Aktualisierung der digitalen Roadmap der kundennahen Bereiche im Maschinenbau. Dies ist in Abbildung 1 meines Beitrags „Kundenprozesse neu gestalten? Beratung zur Digitalstrategie nutzen“ zusammen mit allen unternehmensinternen und -externen Einflussfaktoren graphisch dargestellt.
Nach der Durchführung der Ist-Analyse und den Vorbereitungen ist es Ziel dieses Schrittes, eine Priorisierung aller Vorhaben und somit eine Reihenfolgeplanung zu erstellen. Die Vorhaben müssen ausreichend gut beschrieben sein, damit eine grobe Abschätzung der Einmalaufwände und der Einsparungen möglich wird. Bereits hier müssen die Bereiche die Verantwortung für Projekte übernehmen und den Willen Einsparungen oder zusätzlichen Umsatz zu erbringen. Neben geschätzten Kosten und Einsparungen, Projektabhängigkeiten, müssen auch die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken (engl. SWOT) analysiert werden. Sind alle Daten vorhanden, kann die Priorisierung durch das Management-Team erfolgen.
Eine Wirtschaftlichkeitsrechnung folgt in der Regel nach einer genaueren Voruntersuchung vor dem geplanten Projektbeginn, bei der die Systeme, Anbieter bzw. Partner und Aufwände aber auch die Einsparungen möglichst detailliert definiert werden. Bei gegebener Wirtschaftlichkeit folgt dann die Aktualisierung der Ressourcenplanung und die Suche nach Projektkapazitäten.
Abschließend noch ein paar Worte zur Wirtschaftlichkeit: Legt man zu strenge Maßstäbe an, werden keine Projekte durchgeführt. Viele operative Manager in den Niederlassungen, sehen in globalen IT-Projekten nicht die erwarteten Einsparungen bei Ihren Ressourcen und werden das nicht unterschreiben. Sind die Maßstäbe zu lax, werden Projekte gestartet, die sich später vielleicht nicht rechnen und ggf. sogar Mehraufwand erzeugen. Hier braucht es oft ein gutes Gefühl, welche Projekte Zusatzeffekte erzeugen, die vielleicht nicht quantifizierbar sind, aber doch sehr nützlich sein können.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Sehen Sie auch Potenziale in der Erstellung oder Überarbeitung Ihrer Digitalstrategie in Ihrem Unternehmen? Kontaktieren Sie mich (Kontakt im Menü) für einen Termin zu einem unverbindlichen Videogespräch und lassen Sie uns über mögliche Maßnahmen und Chancen für Ihr Unternehmen sprechen. Jedes Unternehmen hat eine andere Ausgangssituation und so muss das Vorgehen an die jeweilige Situation angepasst werden.
RatzConsult ist eine unabhängige Managementberatung, die sich auf besondere Herausforderungen und Themen in den kundennahen Bereichen des Maschinenbaus fokussiert. Dazu zählen der Aufbau neuer Prozesse z.B. neue Wege für Rekrutierung von Fachkräften und Auszubildenenden oder die Planung und Umsetzung der Digitalstrategie. Weitere Schwerpunkte sind Partnerschaften von Unternehmen im Maschinenbau und der Einsatz von KI in kundennahen Bereichen. Zu letzteren gehören die KI-gestützte Kommunikation mit maschineller Transkription und Übersetzung und das Wissensmanagement mit KI-Unterstützung. Informieren Sie sich dazu auf meiner Homepage Consulting im Maschinenbau.
Ich habe über 30 Jahre im Maschinenbau gearbeitet, davon einen großen Teil in Service und Produktmanagement. Ich leitete erfolgreich ein Projekt für Wissensmanagement im Service und organisierte den Aufbau einer globalen Vertriebs- und Servicepartnerschaft mit einem japanischen Unternehmen. Hands-On Mentalität, gutes Prozessverständnis und Kreativität kennzeichnen meinen Arbeitsstil.
Meine Leidenschaft gilt neuen Technologien wie dem Einsatz von KIs für die Kommunikation und für das Wissensmanagement im Maschinenbau. Ich bin überzeugt, dass Transkription und maschinelle Übersetzung die Kommunikation ohne Sprachgrenzen ermöglicht. Generative KIs werden den Aufwand bei der Dokumentation und bei der Suche von Wissen reduzieren.
Erstveröffentlichung und Copyright (c) 2023, Georg Ratz (RatzConsult).
Alle Rechte bei dem Urheber. Nachdruck, Vervielfältigung oder Verbreitung nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors (gr@ratzconsult.com). Verlinkung ist erlaubt.
All rights reserved. Reprint, copying or distribution with author’s permission only (gr@ratzconsult.com). Linking is permitted.